Mit einem Zeitsprung von über 150 Jahren begann Pfarrer Dr. Rainer Wettreck, Vorstandsvorsitzender und theologischer Vorstand des Landesvereins für Innere Mission in der Pfalz e.V., seinen Vortrag am 3. April im Hieronymus-Hofer-Haus. Eingeladen hatte der Protestantische Diakonissenverein Frankenthal e.V. Landesverein und Diakonissenverein haben ihre Wurzeln in der Aufbruchsphase der inneren Mission vor 150 Jahren. Das Massenelend im Gefolge der industriellen Revolution führte, so Dr. Wettreck, zum Kollaps des Fürsorgesystems und der kirchlichen Strukturen. Als Antwort darauf bildeten sich aus dem Bürgertum heraus Hilfsvereine, die christlich motiviert waren und die bestrebt waren, die Armen wieder „auf eigene Füße zu stellen“.
Aus diesem Impuls heraus entstanden Krankenhäuser, Rettungshäuser für Kinder oder Kinderschulen, die Vorläufer der Kindergärten, die sich auf die örtlichen Hilfsvereine stützen konnten. Während der Landesverein für Innere Mission heute zwei Krankenhäuser, neun Altenheime, darunter das Frankenthaler Hieronymus-Hofer-Haus, und ambulante Dienste wie den Ambulanten Hospiz- und Palliativ-Beratungsdienst Frankenthal/Maxdorf betreibt, der seinen Sitz im Hieronymus-Hofer-Haus hat, hat der Protestantische Diakonissenverein einen Schwerpunkt in der Unterstützung der Ökumenischen Sozialstation Frankenthal. Mit einem neuen Projekt leistet der Diakonissenverein aufsuchende und vorsorgende Hilfe bei älteren Vereinsmitgliedern und gibt so auch eine Antwort auf den demographischen Wandel.
Was diakonische Einrichtungen tun, unterscheide sich, so Dr. Wettreck, oft nicht von dem, was andere täten, der Unterschied läge darin, wie sie es tun würden. In der Unter-nehmenskultur des Landesvereins fänden sich Gedanken des Pfälzer Pfarrers, späteren Frankenthaler Dekans und Oberkonsistorialrats Hieronymus Hofer wieder. Hieronymus Hofer, nach dem das Hieronymus-Hofer-Haus benannt ist, gründete und unterstützte Hilfsvereine wie den Frankenthaler St.-Johannis-Verein, aus dem der Protestantische Diakonissenverein erwachsen ist. In seinem 1858 erschienenen „ABC der Armenpflege“ plädiert er für ein Verständnis von Hilfe als Hilfe zur Selbsthilfe, die die Würde des anderen bewahrt. Gegen das Elend seiner Zeit setzte er auf die Vernetzung von Sparkassen – sie entstanden damals als Unterstützung für Arme –, Kirchengemeinden und der Eigentätigkeit der Betroffenen.
Diese Werte, so Dr. Wettreck, fänden sich heute auch im Selbstverständnis des Landesvereins wieder, dessen Leitbild davon geprägt sei, sich in den Anderen als Mitmenschen, Patienten, Mitarbeiter oder Netzwerkpartner hineinversetzen zu können. Persönliche Zuwendung und Vernetzung und Kooperation benannte er als wichtige Werte auch in schwierigen Zeiten. Für den Protestantischen Diakonissenverein sind diese Werte ebenfalls wichtig, indem er ältere Mitglieder zuhause aufsucht oder sich an der Frankenthaler lokalen Allianz für Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen beteiligt.